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Apotheke, Darstellung aus dem 14. Jahrhundert


Die Geschichte der Apotheken
 
↓ Erkenntnisse aus Griechenland
Heilkräuter aus Kloster-Gärten
Worte: Droge, Arznei, Medikament
Apotheken in den Städten
Tiernamen, z.B. Löwen-Apotheke
Ausbildung zum Apotheker

Anfänge vor 2.400 Jahren

Wahrscheinlich haben Sie schon mal vom Hippo­kra­ti­schen Eid ge­hört, dem Arzt­gelöbnis. WikipediaHippo­kra­tes (um 400 v.Chr.) war ein Arzt von der grie­chi­schen Insel Kos. Er und die grie­chi­sche Ärzte­schule gel­ten als Be­grün­der der moder­nen Medi­zin, denn man löste sich von der Vor­stel­lung, dass Krank­heit eine gött­liche Strafe sei und sie stell­ten ärzt­liches Handeln über die Wir­kung der Worte der Pries­ter.

Die Ärzteschule beschäftigte sich inten­siv mit Pharma­kolo­gie, der Lehre von den (Zauber)Mitteln. Als Heil­mittel ver­wen­dete man Pflan­zen­teile, Säfte und Harze wie z.B. Myrrhe, Weih­rauch, Styrax, Opium, Canna­bis, Safran und Muskat. Allerdings muss­ten diese Zuta­ten aus dem Orient be­schafft wer­den, wes­halb sie ent­spre­chend teuer wa­ren und somit nur Wohl­haben­den zu­gäng­lich waren.

Ärzte wurden zu gefragten Leuten, die dann keine Zeit mehr hat­ten, selbst die Zuta­ten zu be­sor­gen und Arz­neien her­zu­stel­len. So bil­de­te sich der neue Berufs­stand der Apo­the­ker heraus, die sich um die wert­vollen Lager küm­mern und Arz­neien zu­be­rei­ten. Die Pharma­kolo­gie ent­wickelte sich zur eigen­stän­di­gen Diszi­plin.

Um 60 n.Chr. verfasste der grie­chi­sche Arzt Dioskurídēs sein Werk „De materia medica“ („Über Arznei­stoffe“), worin 813 pflanz­liche, 101 tie­ri­sche und 102 minera­li­sche Arznei­stoffe be­schrie­ben wer­den. Es gilt über Jahr­hun­derte als eines der ein­fluss­reich­sten Werke der Medizin- und Pharma­kolo­gie-Geschichte.
Doch unglücklicherweise ging in der Spät­antike viel Wissen ver­lo­ren, be­dingt durch Kriege und Ver­trei­bun­gen in der Zeit der Völker­wande­rung (ca. 370 bis 570 n.Chr.).


Heilkräuter aus den Gärten der Klöster

WikipediaKarl der Große aus dem Franken­reich regierte von 768 bis 814 n.Chr. Er erober­te das Gebiet des germani­schen Volks­stammes der Sachsen (von Westfalen bis Ost­falen) und zwang ihnen den christ­li­chen Glauben auf. In der Folge wur­den hier Klöster ge­grün­det.

Um das Jahr 795 er­ließ Karl der Große eine Land­güter­verord­nung, in der detail­liert be­schrie­ben wird, wie Land­wirt­schaft richtig be­trie­ben wer­den muss, basie­rend auf über­liefer­tem Wissen aus der römi­schen Land­wirt­schaft. Unter den 73 be­schrie­benen Nutz­pflanzen fin­den sich auch Heil­kräuter. Die Verord­nung ver­pflich­tete die (hier neuen) Klöster zum Anbau von Nutz- und Heil­pflanzen.

Dies war hierzulande der Beginn der WikipediaKloster­medizin oder „Mönchs­medizin“, da sie von den Mönchen aus­ge­übt wurde. Die neu ge­grün­de­ten Klös­ter waren länd­lich ge­legen, weil die germa­ni­schen Stämme keine Städte hat­ten. Die Mönche über­nah­men auch die Auf­gaben ärzt­licher Be­hand­lun­gen, seit­dem die Kranken­pflege durch die Benedik­tiner-Regel (von um 540 n.Chr.) zu einer christ­lichen Pflicht ge­wor­den war: „Die Sorge für die Kranken steht vor und über allen Pflich­ten“.

In den Klöstern wurde altes Wissen durch Ab­schrei­ben antiker Schrif­ten be­wahrt. Um das Jahr 795 er­schien das Lor­scher Arznei­buch (aus dem Kloster Lorsch in Hessen) mit 482 Rezep­tu­ren nach grie­chisch-römi­scher Tra­di­tion. Es ist das älteste er­hal­tene medi­zi­ni­sche Buch Deutsch­lands. Im Vor­wort wird die Medi­zin gegen Kriti­ker ver­tei­digt, die in der Heil­kunst einen unstatt­haf­ten Ein­griff in den gött­lichen Heils­plan sahen.

Vielleicht haben Sie von WikipediaHildegard von Bingen (1098-1179) ge­hört, eine Äbtis­sin und Uni­versal­gelehrte, die heil­kund­liche Werke ver­fasste. Sie wurde aller­dings erst 800 Jah­re spä­ter be­rühmt, denn früher war sie nur in ihrer Region am Rhein be­kannt. Statt­dessen war ein aus Frank­reich stam­men­des Werk ver­breitet, das im Mittel­alter zum Standard­werk der Kräuter­heil­kunde in West- und Mittel­europa wurde.

Die Ära der Klostermedizin ging jedoch schon im 12. Jahr­hun­dert zu Ende. Hilde­gard von Bin­gen war die letzte Autorin die­ser Epoche. Denn auf dem Konzil von Tours (1163) kam es zu einer weit­reichen­den Ent­schei­dung: „Die Kirche ver­gießt kein Blut“. Geistlichen wurde ver­bo­ten, ärzt­lich tätig zu sein. Der Grund dafür war, dass es bei Behand­lun­gen, ins­be­son­dere chirur­gischen Opera­tio­nen, oft zu Todes­fällen kam. Das An­sehen der Kleriker sollte wohl nicht durch Todes­fälle be­schä­digt wer­den.

Sogar an Universitäten, die ab dem 12. Jahr­hun­dert ge­grün­det wur­den, wurde die Chirur­gie als mindere Medi­zin von der Lehre aus­ge­schlos­sen. Für uns heute ver­stö­rend: Seit­dem be­tätig­ten sich Barbiere als Laien­chirurgen. Barbiere schnit­ten ihren Kunden nicht nur die Haare, son­dern zogen auch Zähne, führ­ten Ader­lässe und chirur­gische Ein­griffe durch. Durch die Weige­rung der Kirche und ihren Ein­fluss auf die Uni­versi­tä­ten domi­nier­ten meh­rere Jahr­hun­derte lang Laien­heiler das ärzt­liche An­ge­bot.


Worte: Drogen, Arzneien, Medikamente

Die frühen Apo­the­ker ge­hör­ten der Krämer­zunft an und boten ihre Waren auf Märk­ten an. Zu diesen Waren ge­hör­ten die „Drogen“, wobei das Wort ur­sprüng­lich eine andere Be­deu­tung hatte als heute ...

Das Wort „dröge“ be­deu­tet „trocken“, d.h. bei Drogen han­delte es sich früher ganz all­gemein um ge­trock­nete Pflanzen- oder Tier­teile, um sie halt­bar zu machen. Gelagert wur­den sie in „dröge­vate“ (Trocken­fässern).

Die damaligen „Drogen“ waren rein biolo­gisch und ent­hiel­ten pharma­zeutisch wirk­same Substan­zen. Der Wort­sinn hat sich im 20. Jahr­hun­dert ge­wan­delt und be­zeich­net heute chemi­sche bzw. synthe­ti­sche Rausch­drogen, die psycho­trope Sub­stan­zen ent­hal­ten.

Während damals „dröge“ den Zustand des getrock­neten Mate­rials be­schrieb, bezieht sich das Wort „Arznei“ auf des­sen An­wen­dung oder Wir­kung. Es ist mit dem Wort „Arzt“ ver­wandt, das einen Heiler be­titelt (alt­grie­chisch archiatros = Titel des Leib­arztes). Ein Arznei­mittel meint also ein hei­len­des Mittel (Heil­mittel) oder etwas, das von einem Heiler (Arzt) ver­wen­det wird.

Etwas ähnliches gilt für die Worte Medizin, Medi­ka­ment und Medi­ziner, die sich vom indo­germani­schen Wort­stamm med- ablei­ten, was „rat­geben“ und daraus weiter­entwickelt „heilen“ be­deu­tet.


Apotheken in den Städten

Im Hochmittelalter kam es in Mittel­europa zu einer Stadt­gründungs­welle. In den Städ­ten wurde arbeits­teili­ger ge­arbei­tet, es ent­stan­den feste Berufe und WikipediaZünfte. Somit wurde auch hier zwi­schen Arzt und Apo­the­ker unter­schie­den. Nicht nur Mönche durf­ten keine Behand­lun­gen mehr durch­füh­ren, auch Apo­the­ker durf­ten keine Patien­ten be­han­deln.

Wie oben schon mal erwähnt: Die frühen Apo­the­ker ge­hör­ten der Krämer­zunft an und boten ihre Waren ledig­lich auf Märk­ten an, was da­mals wohl noch ge­nügte.
Doch ab dem 14. Jahr­hun­dert ging es mit dem Gesund­heits­zustand der Be­völ­ke­rung bergab. Durch die Bevöl­kerungs­zunahme in den Städ­ten hat­ten sich die hygie­ni­schen Zu­stände ver­schlech­tert. Außer­dem kam es ab dem 15. Jahr­hun­dert in der Wikipediakleinen Eis­zeit zu Miss­ernten und Hunger. Seuchen hatten leich­tes Spiel. Auch Tier­seuchen grif­fen um sich. Zudem konn­ten sich die Seuchen durch den Fern­handel über weite Strecken aus­brei­ten. Es wuchs also der Bedarf, das medi­zi­ni­sche An­ge­bot zu ver­bes­sern ...

Die ersten stationären Apothe­ken waren nach 1300 ent­stan­den, aber zuerst nur in den größ­ten Städ­ten, wo sie auf Ver­anlas­sung des Stadt­rats ein­ge­rich­tet wur­den, daher der Name Stadt­apo­theke oder Rats­apo­theke.

Das altgriechische Wort „apothēkē“ bedeu­tet Auf­bewah­rungs­ort oder Lager­raum. Damit ist nicht nur ein Lager für Arzneien ge­meint. Im Mittel­alter gab es noch keine Laden­geschäf­te, wie wir sie heute ken­nen. Bauern boten ihre Produkte auf Märkten an, Fleischer ver­kauf­ten aus ihrer Gasse, Hand­werker aus ihrer Werk­statt heraus, zu­dem gab es Wander­händ­ler. Kauf­leute durf­ten nur Groß­handel be­trei­ben, keinen Einzel­handel. Was also fehlte, war ein Einzel­handels-Laden­geschäft für Spezia­li­tä­ten, z.B. für Import­waren, die nur selten ein­ge­kauft wer­den konn­ten und des­halb be­vor­ratet wer­den muss­ten. Diese Funktion über­nahmen die Apo­the­ken, die anfangs wie eine Gemischt­waren­hand­lung eines Krämers waren.

In Apotheken wurden z.B. auch impor­tierte Gewürze und Süßig­kei­ten (Konfekt) an­ge­bo­ten und teures Papier sowie Wein ge­lagert. Und natür­lich die Heil­kräuter und Arznei­mittel, die bevor­ratet wer­den muss­ten, da­mit sie stets zügig zur Ver­fü­gung stan­den.

Das älteste bekannte deutsche Apo­theker­privileg wurde 1303 einem Apo­the­ker in Prenzlau ge­ge­ben. Das Privi­leg sicherte dem Apo­the­ker eine Mono­pol­stel­lung zu. Aber er war an Vor­schrif­ten ge­bun­den und stand unter Auf­sicht des Stadt­rats.
Es dauerte noch 200 bis 300 Jah­re, bis auch in mittel­großen Städ­ten eine statio­näre Apo­theke ein­ge­rich­tet wurde.


Tiernamen

Apotheken tragen oftmals Tier­namen. Andere Läden hin­ge­gen nicht, z.B. hei­ßen Super­märkte nor­maler­weise nicht „Adler-Markt“, und Kla­mot­ten­shops nicht „Hirsch-Mode“ oder ähn­lich.

Die Affinität zu Tiernamen könnte daher kom­men, dass Apo­the­ken frü­her auch Teile von Tie­ren nutz­ten, denen eine hei­lende oder kräf­ti­gende Wir­kung zu­ge­schrie­ben wurde. Zudem wur­den einige Tier­arten als be­son­ders edle oder stolze Wesen an­ge­sehen, andere er­schie­nen be­son­ders vital und kraft­voll, ande­ren wurde eine magi­sche Aura zu­ge­schrie­ben. Mit die­sen vor­teil­haften Eigen­schaf­ten schmückte sich die Apo­theke, wo­bei zur Unter­schei­dung jede ein ande­res Tier aus­wählte.

Allerdings wurde oft einfach nur das Wappen­tier des Landes über­nom­men, d.h. in Bayern gibt es be­son­ders viele Löwen-Apothe­ken, im ehe­ma­li­gen Preußen beson­ders viele Adler-Apo­the­ken. Für Wappen­tiere der Herr­scher galt aber natür­lich eben­falls, dass sie etwas sym­boli­sie­ren sol­len, oft­mals die Stärke des Herr­scher­hauses.

Ein Türschild mit einem Tier darauf hatte zudem den Vor­teil, dass die Leute, die nicht lesen konn­ten, sich das Tier zu dem Laden leicht mer­ken konn­ten.

Einen ähnlichen Hang zu Tiernamen gibt es bei Gast­häusern. Womög­lich hingen hier früher Jagd­trophäen oder man er­zählte sich Jäger­latein. Oder die Tiere deute­ten auf die Evan­ge­listen hin: so steht der Löwe für Markus, der Engel für Matthäus, der Ochse für Lukas und der Adler für Johan­nes. Die Namen für Kneipen wur­den manch­mal auf spie­le­ri­sche oder selbst­ironi­sche Art er­son­nen, was ihre Unter­schei­dungs­kraft er­höht.

Ab den 1920er Jahren gab es in Deutsch­land die Idee, ein einheit­li­ches Er­kennungs­zeichen für Apo­the­ken zu ent­wer­fen. Nach­dem sich meh­rere Logo-Entwürfe nicht durch­set­zen konn­ten, wurde erst 1951 das rote „A“ vor­ge­stellt, darin der Arznei­kelch und die Schlange. Die Schlange ist das Sym­bol von WikipediaAsklepios, dem grie­chi­schen Gott der Heil­kunst. Schlangen wur­den wahr­sagende Fähig­kei­ten zu­ge­spro­chen. Es hieß, eine Schlange habe Asklepios auf die Wirk­sam­keit unter­schied­li­cher Heil­pflan­zen auf­merk­sam ge­macht.

In vielen anderen Ländern ist jedoch ein grünes Kreuz das Er­ken­nungs­zeichen für Apo­the­ken (pharmacy / farmacia). Das grüne Kreuz war das Sym­bol des Lazarus-Ordens, einer Ge­mein­schaft von Hospital­brüdern im Mittel­alter.

Ausbildung zum Apotheker

In den Zünften betrug die Ausbil­dungs­zeit 3 bis 7 Jah­re, in denen der jugend­liche Lehr­ling ggf. in der Fami­lie des Meisters lebte.

Europaweit waren die Italiener die ersten, die 1530 das Fach Arznei­kunde in ihren Uni­versi­tä­ten an­boten. Und in Paris wurde es ab 1536 für Apo­the­ker-Lehr­linge ver­pflich­tend, Vorlesun­gen in der medi­zi­ni­schen Fakul­tät zu be­suchen.

In Preußen endete das Zunftwesen als 1810 die WikipediaGewerbe­freiheit ein­ge­führt wurde. In der Folge musste die Berufs­ordnung staat­lich organi­siert wer­den. Und so wurde 1825 in Preußen erst­mals die Pflicht ein­ge­führt, dass ange­hende Apo­the­ker zu­sätz­lich zu ihrer 3-jähri­gen Lehre auch ein Studium mit zwei Semes­tern ab­schlie­ßen müs­sen.

In einer preußischen Verordnung von 1875 wurde zusätz­lich fest­ge­legt, dass man über Sprach­kennt­nisse in Latein ver­fügen muss, dass man nun vier Semes­ter lang stu­die­ren muss und dass man die Militär­dienst-Taug­lich­keit be­sitzen muss. Warum letz­te­res ge­for­dert wurde, weiß ich leider nicht.

Seit 1966 wird ein Abitur mit klei­nem Latinum voraus­ge­setzt, sowie ein Studium mit min­des­tens 6 Se­mes­tern, ab 1971 sieben Se­mes­ter und seit 2018 ein pharma­zeuti­sches Studium mit 8 Se­mes­tern. Die Lehre wurde durch ein ein­jähri­ges Prakti­kum in einer Apo­theke er­setzt.


Text: Jörg Rosenthal, 2024.
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