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Ironisches Sprichwort

„ Des Menschen Wille ist sein Himmelreich “

Die Herkunft ist nicht eindeutig: Dieses recht be­kannte Sprich­wort wird dem deut­schen Schrift­steller Johann Heinse (1746-1803) zu­ge­schrie­ben, aber es gibt keinen konkre­ten Text von ihm, in dem es sich findet. Aber auf jeden Fall ist der Satz ein alter deut­scher Sinn­spruch, der zeit­los Gültig­keit hat.

Im Volksmund wird das Sprichwort ge­braucht (häufig ironisch), um auszu­drücken, dass man einem ande­ren seinen Willen lässt, auf dass er sein Glück finden möge - auch wenn man selbst thema­tisch ande­rer Mei­nung ist und es anders machen würde. Dazu unten mehr, auch zum Thema Glück­lich­keit durch freie Ent­schei­dung - und dem Spott der ande­ren.

Das Himmelreich in dem Spruch ist nicht reli­giös ge­meint, denn „Des Menschen ... sein Himmel­reich“ ist eben nicht Gottes Himmel­reich. Im Spruch ist es kein dauer­haf­ter und über­grei­fen­der Raum, sondern es ent­steht im Hier und Jetzt durch den Willen eines einzel­nen Men­schen, und es ist nur sein allei­ni­ges Reich - nämlich seine private welt­liche Glück­selig­keit im Dies­seits. Durch seinen Willen wird der Mensch selber zum „Schöpfer“ seines eige­nen Himmel­reichs.

Das Himmelreich in „Des Menschen ... sein Himmelreich“ ist eine Metapher für die Glück­selig­keit eines Ein­zel­nen. Die Glück­selig­keit ist das Gefühl unge­trüb­ten Glücks. Und in diesem Spruch ist es das Paradies für den freien Willen des Ein­zel­nen.

Wer das Sprichwort sagt, gönnt jemandem des­sen Willen und dass der­jenige danach handeln möge. Doch typi­scher­weise denkt der Sprecher es ironisch. Dafür gibt es Anhalts­punkte: Als Rede­wendung ist „Des Menschen Wille ist sein Himmel­reich“ hoch­ge­stochen formu­liert, aber es wird oft bei bana­len Situa­tio­nen ge­sagt. Durch den Kontrast wird die Ironie er­kenn­bar. Es ist dann ge­dacht im Sinne von: „Wenn er meint, soll er es machen. Aber ich halte es für Unsinn.“ oder ein­fach: „Mach halt, wie du meinst.“

Der Spruch wird in der Praxis fast nie ehr­lich bewun­dernd ein­ge­setzt, im Sinne von: „Oh wie schön, du folgst deinem inne­ren Willen“. Statt­dessen kommt er als Kommen­tar z.B. auf die Stur­heit eines ande­ren. Es ist zwar der Aus­spruch von Tole­ranz, aber nur auf­grund der eige­nen Resi­gna­tion, z.B. weil man nicht dis­ku­tie­ren möchte.

Es ist also weniger Verständ­nis, sondern mehr ein Er­dulden, sich fügen, aber sich distan­zie­ren. Und es ist ein ge­sproche­nes Augen­rollen und Augen­brauen­heben.
Oder die ganze Sache ist einem egal und der Spruch ist nur als spöt­ti­scher Kommen­tar ge­meint. Man macht sich gerne lustig über die Eigen­arten und den Starr­sinn eines ande­ren, um es durch das Schmun­zeln leich­ter er­tra­gen zu können.


Des Menschen Wille ist sein Himmelreich
... aber auch seine Hölle

Die Ergänzung „sein Himmelreich ... aber auch seine Hölle!“ wird Karl May (1842-1912) zu­ge­schrie­ben. Sie kehrt den Sinn des Spruchs um: Auf das Gönnen und Hoffen auf Glück folgt die Warnung, dass der freie Wille einen eben­so ins Unglück stür­zen kann. Somit ist jeder nicht nur sei­nes Glückes Schmied, sondern womög­lich auch der Archi­tekt des eige­nen Elends.


Text: Jörg Rosenthal, 2025.
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