Fenster ohne Glasscheibe
Wenn wir heute umgangssprachlich von einem Fenster sprechen, meinen wir oftmals die Glasscheibe, z.B. im Satz „Ich müsste mal wieder die Fenster putzen“. Jedoch bezeichnete das lateinische Wort fenestra lediglich eine Öffnung.
Und tatsächlich hatte man bis zur Antike bzw. bis ins Mittelalter nur kleine, runde Wandöffnungen (offen, ohne Glasscheibe).
Die Öffnungen wurden benötigt, damit Rauch aus dem Haus ziehen konnte und damit man wenigstens
ein bisschen Tageslicht ins Haus bekam.
Wenn es im Haus zu zugig wurde, musste man die Öffnungen mit Tierhäuten, einer Klappe oder einem Fensterladen verschließen
oder sie mit Stroh oder Leinenstoffen zustopfen.
Sprachlich interessant: Für Fenster gab es noch ein anderes lateinisches Wort: ougatora = Augentür, d.h. eine Öffnung in der Form eines Auges, also klein und rund, bzw. welche das Licht hineinlässt, so wie ein Auge Licht empfängt. Und das englische Wort window bedeutete Wind-Auge, d.h. eine kleine Öffnung zum Lüften.
Glas
Die alten Römer hatten sich das Verfahren zur Herstellung von Glas von den alten Ägyptern abgeguckt. Und die hatten das Rezept vielleicht von den Assyrern: „Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen und 5 Teile Kreide und du erhältst Glas“. Diese Mischung wurde bei rund 1000°C geschmolzen.
Die Römer konnten bereits durchsichtiges Glas herstellen, aber nördlich der Alpen gelang das nicht. Die Ursache war, dass nördlich der Alpen die benötigten Meerespflanzen nicht zur Verfügung standen. Jene Pflanzen enthalten das Salz-Mineral Soda (engl. Natron), welches als Zutat benötigt wird, damit Glas durchsichtig wird. Deshalb war das im Frankenreich und später im Deutschland des Mittelalters hergestellte Glas blau-grün. Und weil man es eh nicht klar bekam, experimentierte man mit Rezepturen, um Glas auch andere Farben zu verleihen.
Die frühen Glasscheiben waren klein, aber 1 cm dick. Sie ließen nur wenig Licht durch. Zudem waren sie teuer. Deshalb waren sie für Privathäuser uninteressant und wurden zunächst nur in Kirchen eingebaut.
In Deutschland wurde grünliches Waldglas aus Pottasche (Holzasche) hergestellt, d.h. die Glashütten wurden im Wald angesiedelt, wo riesige Mengen Holz zu Pottasche verfeuert wurden. Der Holzbedarf war so groß, dass die Glashütten alle paar Jahre umziehen mussten, weil die Wälder im Umkreis abgeholzt waren. Die Waldvernichtung war offensichtlich, jedoch war die Glasherstellung für die Landbesitzer die lukrativste Nutzung des Waldes. In einigen Regionen wurden Glashütten deshalb verboten.
Aus Waldglas wurden z.B. Butzenscheiben hergestellt: kleine runde Scheiben mit ca. 10 bis 15 cm Durchmesser (ungefähr CD/DVD-Größe). Mehrere farbige Butzenscheiben wurden mittels einer Bleifassung zu Fensterglas zusammengesetzt.
Einen qualitativen Fortschritt gab es im 15. Jahrhundert, als Angelo Barovier aus Venedig herausfand, wie man Soda-Kalk-Glas durch Beigabe von Manganoxid entfärben kann. Somit wurde erstmals in Europa ein ungetrübtes, klar durchsichtiges Glas hergestellt. Das sogenannte „cristallo“ (Kristallglas) brachte das venezianische Glas zu Weltruhm.
Erst ab dem 16. Jahrhundert wurden verglaste Fenster allgemein üblich. Ähnlich verhält es sich mit Trinkgefäßen aus Glas, die man zunächst nur in den Haushalten von Adeligen und reichen Stadtbürger finden konnte.
Heutzutage wird überwiegend Kalk-Natron-Glas produziert, woraus Glasbehälter und Fensterscheiben hergestellt werden. Die Zutaten sind heute gut verfügbar: Quarzsand, Soda und Kalk. Seit 1863 kann Soda in einem chemischen Prozess gewonnen werden, aus billig verfügbarem Kalk und Kochsalz. Somit braucht man dafür keine Meerespflanzen oder Wälder mehr einzuäschern. Die Glasindustrie zählt jedoch wegen ihrer Schmelzöfen mit 1600°C weiterhin zu den energieintensiven Industrien.
Isolierende Fenster: Ab dem 19. Jahrhundert wurden auch Doppelfenster verwendet,
d.h. mit doppeltem Rahmen und nach innen und außen aufschwingenden Fensterflügeln.
Bis in die 1960er Jahre war in Deutschland eine Einfachverglasung bei Fenstern üblich.
Mit der Wärmeschutzverordnung von 1977 wurde dies unzulässig, so dass
spätestens ab dann Zweischeiben-Isolierglas eingesetzt wurde.
Heutzutage wird Dreifach-Wärmedämmglas verwendet.